Von Seeg über Steingaden nach Schongau
Vor der herrlichen Kulisse der Allgäuer Alpen suchen wir nicht nur Gotteshäuser auf, die dem hl. Ulrich geweiht sind. Den Beginn macht in Seeg allerdings eine der schönsten Ulrichskirchen überhaupt, bevor wir zur bescheideneren, aber sehr eindrucksvollen Ulrichskapelle in Fischhaus bei Roßhaupten fahren. Am Steingadener Welfenmünster radeln wir natürlich nicht einfach vorbei, sondern würdigen es – wie auch die Peitinger Villa Rustica – auf unserem Weg nach Schongau, wo in mehreren Kirchen ausdrucksstarke Ulrichsstatuen auf uns warten.
Vom Bahnhof Seeg (1) geht es gleich tüchtig bergauf, um auf der Bahnhofstraße zur Hauptstraße und dort unter Beibehaltung unserer Fahrtrichtung zum ersten Höhepunkt unserer Pilgertour zu gelangen – der herrlichen Ulrichskirche von Seeg (2).
Allein schon die volkstümliche Bezeichnung als „kleine Wies“ lässt aufhorchen – und tatsächlich muss sich die stattliche Pfarrkirche kaum hinter der berühmten „großen Schwester“ verstecken. Ihre Baugeschichte geht bis in die Gotik zurück. Was wir aber sehen, ist ein großartiger Rokoko-Raum vom Beginn des 18. Jahrhunderts mit schönem Stuck und wunderbaren Fresken von B. Riepp (Schlacht auf dem Lechfeld im Chorraum) und J.B. Enderle (Lepantoschlacht im Langhaus). Natürlich ist auch der Kirchenpatron etliche Male zu sehen – ob gemalt am Opferstock, auf dem rechten Seitenaltar oder vorn im Altarraum auf der linken Seite. Die „Verwandtschaft“ zur Wieskirche könnte übrigens auch daher kommen, dass der Baumeister dieser Kirche, J.J. Herkomer, der Lehrer von D. Zimmermann war, der dort sein Meisterwerk schuf.
Wir radeln wieder vor zur Hauptstraße, wo wir dann rechts fahren und bergab rollen können. Wir müssen jedoch nach links der Radwegmarkierung folgen und in den Senkeleweg abbiegen, der uns nun leicht bergab hinaus in die Felder und Wiesen führt. Herrliches Bergpanorama ist inbegriffen, wenn wir über die Gleise und am Sportplatz vorbei radeln. Nach einem weiteren guten Kilometer führen uns die Radwegweiser aber weg von der asphaltierten Straße. Auf dem Schotterweg geht es anfangs auch bergab und den Beschilderungen nach Roßhaupten folgend gemütlich am Waldrand entlang. Wir überqueren den Lobach und folgen manchmal auch recht nahe seinem Verlauf, schließlich tauchen wir in den Wald ein und müssen eine recht anstrengende Steigung bewältigen. Abwechslung verschaffen uns dabei eine erfrischende Kneippanlage und ein schönes Mühlenrad, an denen sich eine kurze Verschnaufpause definitiv lohnt. Wir kommen an einem Wanderparkplatz vorbei, hinter dem es scharf nach rechts und nun geradeaus und ordentlich bergab geht. Auf einem schmalen Pfad überqueren wir einen Bach. Nach dem Wald kommt allerdings noch einmal eine Steigung, die uns zum höchsten Punkt für heute bringt – und zu einer schönen Aussicht über Roßhaupten und den Pfaffenwinkel. Natürlich kommt nun auch der Lohn für unsere Mühe und wir können zügig hinunter in den Ort rollen, auch wenn es am Ende auf der Landstraße dahin geht. Die Pfarrkirche St. Andreas in Roßhaupten (3) lohnt einen kurzen Stopp.
Schon im Mittelalter stand hier ein Gotteshaus, das jedoch zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges 1618 abbrannte. Erst zwölf Jahre später gab es einen Neubau, und noch einmal nach etwa 100 Jahren unternahm es J.G. Fischer, die Kirche innen zu erneuern, so dass uns heute schöner Barock entgegenstrahlt. Einige Gemälde aus der Zeit davor haben sich jedoch auch erhalten, so die „Heilige Sippe“ und die Kreuzigung im Chorraum und das für uns besonders interessante spätmittelalterliche Tafelbild unter der Empore, das den hl. Ulrich zeigt und früher vielleicht den Hauptaltar schmückte.
Wir fahren nun auf der Hauptstraße nach Norden, bis wir an einer etwas unübersichtlichen Kreuzung am Dorfmuseum den Radwegweisern nach Lechbruck schräg rechts folgen. Der Weberweg bringt uns durch eine Unterführung, danach geht es nach links, und wir folgen ca 400 m. lang der vielbefahrenen Bundesstraße auf einem Radweg, der sich danach von ihr entfernt. Bald sehen wir dabei links vor uns ein Gehöft mit einer Kapelle stehen: Fischhaus (4), unser nächstes Ulrichsziel.
Die Ulrichskapelle stammt in ihren Ursprüngen aus dem frühen 16. Jahrhundert, als hier noch ein Fischweiher das 1450 entstandene Gut umgab, das dem Augsburger Fürstbischof gehörte. Durch Kriegswirren von 1618 – 1648 und die Pest wurde das Ensemble in Mitleidenschaft gezogen, so dass im Jahr 1750 ein Neubau erfolgte. Der ungewöhnliche Altar zeigt den Patron Ulrich auf dem Totenbett, die hübschen Rokokofresken stammen von J. Christ. Nach der Säkularisation wurde der Weiher trockengelegt, um Ackerland zu gewinnen. Ein neuer Besitzer ließ die Kapelle außen neugotisch überbauen, die beiden Räume über dem Gotteshaus dienten auch schon als Flüchtlingsunterkunft.
Wir radeln wieder zu unserer Straße zurück, von der wir gekommen sind und halten uns dann links. Nach nicht einmal einem Kilometer geht es nach rechts, und mit wunderschönen Blicken über den Huttler Weiher auf die Bergkette radeln wir nun durch schöne Natur und leicht bergauf zum Weiler Egelmoosen, der auch eine Magnuskapelle besitzt. Hier biegen wir nach links ab. Danach geht es flott bergab, bis wir zur Kreuzung am Schmutterweiher kommen, wo wir uns rechts halten.
Wir radeln mit angenehmem Gefälle weiter nach Lechbruck, nehmen unterwegs die Wendelinskapelle an der Landstraße wahr, unterqueren schließlich letztere und gelangen auf dem ehemaligen Bahndamm rasch nach Lechbruck, wo wir auf der Bahnhofstraße weiterradeln. Ein Abstecher auf dem Kirchweg zum weithin sichtbaren Gotteshaus von Lechbruck (5).
Als 1785 die etwas weiter unten stehende Kirche, die auch auf einem Votivbild im Inneren noch zu sehen ist, durch einen Blitzschlag zerstört wurde, errichteten die Lechbrucker an diesem eigentlich noch exponierteren Hügel einen Neubau, der 1790 geweiht wurde. Das aus dem Vorgängerbau gerettete Gnadenbild aus dem 17. Jahrhundert, Unsere Liebe Frau am Lech, bekam auch im klassizistischen Gotteshaus seinen Ehrenplatz im Hochaltar. Erhalten blieben auch die Kreuzwegbilder. In den Nischen über den Seitenaltären sind die Bistumsheiligen Ulrich und Afra von J.N. Eberle zu bewundern.
Wir kehren zur Bahnhofstraße zurück und fahren weiter ostwärts, bis wir auf die Hauptstraße stoßen, in die wir nach rechts einbiegen. Dem Radwegweiser folgend bleiben wir in unserer Fahrtrichtung, wenn die Flößerstraße eine Rechtskurve macht, und fahren ein Stück am Lech entlang, bevor wir wieder kurz auf die Flößerstraße einmünden. Wir überqueren auf der Brücke den Lech und folgen danach der Radmarkierung nach Steingaden nach rechts. Nach etwa 250 m. biegen wir in einen Privatweg nach links ab und radeln auf unterschiedlichem Untergrund leicht bergauf nach Steingädele, dort an der Ortskapelle vorbei und geradewegs auf Steingaden zu. Bei einer Fabrik kommen wir noch ein kurzes Stück auf Schotter, dann geht es durch ein ruhiges Wohngebiet, wobei wir uns immer auf die Wegweiser verlassen können. Schließlich stoßen wir auf die Füssener Straße und müssen ihr nur ein kleines Stück nach links folgen, bevor wir rechts in den Marktplatz abbiegen. Das Welfenmünster von Steingaden (6) ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Bereits 1147 wurden Kloster und Kirche u.a. als Grablege der Welfen gegründet und Johannes dem Täufer geweiht. Dieser romanische Bau ist vor allem außen noch gut erkennbar, auch wenn fast alle späteren Kunststile ebenso ihre Spuren hinterlassen haben. Die Gotik findet man beispielsweise im noch teilweise erhaltenen Kreuzgang, den man durch eine Türe rechts hinten in der Kirche erreichen kann. In der Vorhalle können wir Fresken aus der Renaissance sehen (Welfengenealogie), der Kirchenraum selbst erstrahlt in herrlichstem Rokoko, das auch die Säkularisation überlebte, da die Kirche als Pfarrkirche umgewidmet wurde, während das Kloster abgerissen wurde. Stuck vom Wessobrunner Künstler F.X. Schmuzer umrahmt die Fresken, die v.a. Heilige des Prämonstratenserordens, dem einst das Kloster gehörte, darstellen. Aber auch Bischof Ulrich ist präsent, wenn auch nicht leicht zu finden: als Skulptur hoch über dem Chorraum!
Wir radeln wieder zurück auf die Hauptstraße, die hier Schongauer Straße heißt, und folgen den Wegweisern nach Peiting, die uns nach rechts leiten. Nach nicht einmal einem halben Kilometer können wir die vielbefahrene Straße nach links verlassen, die Riesener Straße bringt uns nun nach Norden. Es folgt eine entspannte hügelige Strecke, erst nach mehr als 5 Kilometern müssen wir uns an einer großen Kreuzung orientieren und fahren in die schräg rechts abbiegende Straße. Über Weiler wie Riesen und Kreut, zwischen denen es auch einmal etwas anstrengender bergauf geht, führt unser Weg, der schließlich über die B 472 führt und dahinter an der Villa Rustica von Peiting (7) vorbeikommt. Der Kreuther Weg führt auf die vielbefahrene Einfallstraße von Peiting zu, die wir mittels einer Unterführung unterqueren. Auf der Bachfeldstraße, deren Knick nach links wir mitvollziehen, können wir dann entspannt in das freundliche Dorf radeln. Wir kommen auf die Füssener Straße und folgen ihr für etwa 500 m. nach rechts, bevor wir rechts zum Hauptplatz abbiegen, wo die Peitinger Pfarrkirche (8) steht, die übrigens zum Erzbistum München und Freising gehört.
Der wuchtige Turm weist in die Erbauungszeit der Michaelskirche zurück, die im 11. Jahrhundert liegt. Wie in Steingaden gab es ebenfalls viele Umgestaltungen, gotische Elemente lassen sich beispielsweise beim Taufstein finden. 1783-85 wurde das Langhaus neu errichtet, nach einem Brand 1806 gab es auch wieder Baumaßnahmen, die schließlich die drei heutigen Altäre hierher brachten.
Es geht nun auf die Füssener Straße zurück, wir halten uns rechts und fahren auf dem Radweg immer der Straßenführung nach. So verlassen wir den Ort und radeln flott hinab zum Lech, den wir schon mit dem Panorama der Altstadt von Schongau vor Augen überqueren. Zu ihr kommen wir, wenn wir nach der Brücke relativ geradeaus in die Bahnhofstraße radeln und nach einer Packstation nach links in die Sackgasse einbiegen. Ein Rad-/Fußweg geht kräftig bergauf in die Schongauer Altstadt, wo wir uns gleich links halten und zunächst die Spitalkirche (9) aufsuchen.
Wir radeln ein kurzes Stück zurück und biegen dann links in die Rentamtstraße ein, die uns zum schönen Schongauer Marktplatz bringt. Hier steht die Pfarrkirche der Stadt, Mariä Himmelfahrt (10).
Wir können wieder mit der Geschichte im Mittelalter beginnen, da im 13. Jahrhundert hier eine dreischiffige romanische Basilika stand, wie man aus Fundamentresten rekonstruieren kann. Gotische Relikte findet man im Chor und im Turm, der im 17. Jahrhundert einstürzte, was einen weitgehenden Neubau notwendig machte. 1754 konnte die von den Meistern ihres Faches gestaltete Kirche geweiht werden – der Stuck im Chor stammt von D. Zimmermann, im Langhaus von J. Stiller aus Wessobrunn, die Deckengemälde von M. Günther, der Hochaltar von F.X. Schmädl nach einem Entwurf von F.I. Günther. Wieder können wir auch eine Ulrichsstatue entdecken.
Wir fahren nun zur nördlichen Querstraße, der Weinstraße, die uns rechterhand wieder aus dem Stadttor hinausführt. Danach an der Kreuzung zweigt rechts die Bahnhofstraße ab und unsere Räder rollen fast wie von allein zum Bahnhof von Schongau (11).
Wir Autoren der Jubiläumsradtouren, Susanne und Walter Elsner, wünschen Ihnen eine gute Pilgerfahrt. Wenn Sie Rückfragen, Kritik oder Anregungen haben, schreiben Sie bitte in unser Kontaktformular auf unserer Homepage https://pilgerimpulse.jimdofree.com/. Dort finden Sie auch eine Vorschau auf die Ulrichsradtouren der nächsten Monate und können einen Pilgerausweis zum Ausdrucken herunterladen. Wünsche zu Vorträgen über die Ulrichspilgerwege oder das Pilgern allgemein nehmen wir für den jeweiligen Aktionsmonat gerne entgegen.