Zu Ulrichsorten in der Bistumsstadt und ein wenig darüber hinaus
Unsere (vor-)weihnachtliche Radpilgertour im Dezember führt uns durchs adventlich geschmückte Augsburg, aber auch ein wenig hinaus aufs Land, wo wir in Gersthofen in der alten Pilgerkirche St. Jacobus major auch eine Ulrichskapelle finden. Über historische Kleinode wie Batzenhofen und das unscheinbare Hainhofen, das aber die ältesten Fresken von unserem Bistumspatron beherbergt, fahren wir zurück ins Stadtgebiet, wo wir zunächst in Göggingen eine moderne Ulrichskirche aufsuchen, bevor es nach St. Ulrich und Afra zum Grab des Heiligen geht.
Wir verlassen den Bahnhofsplatz von Augsburg (1) auf der Prinzregentenstraße, die uns zum gleichnamigen Platz bringt, den wir auf dem Fahrradweg nach links haltend umfahren und weiter auf unserer Straße bleiben. Am Alten Einlaß biegen wir links in die Volkhartstraße ab, am Staatstheater vorbei, um hinter der Baustelle rechts in das Ottmarsgässchen einzufahren. Nochmals geht es auf der Hl.-Kreuz-Straße rechts ab, an den beiden Hl. Kreuz-Kirchen (ev./kath.) vorbei, bis wir auf der Höhe der Theaterbaustelle nach links abbiegen und unter den Torbogen der Regierung von Schwaben hindurch, am Hofgarten, einer herrlichen Blumen- und Ruheoase, vorbeiradeln.
Hier müssen wir uns wieder rechts halten, um durch einen weiteren Torbogen in die Peutingerstraße einzubiegen. Nach etwa 200 m. wird linkerhand eine Grünanlage mit Römermauer, den Fundamenten der Johanniskirche aus dem 1. Jahrtausend und der Südseite des Augsburger Domes (2) sichtbar.
Unter dem romanisch-gotischen Gotteshaus wurden Fundamente aus dem 4. Jahrhundert gefunden, die auf eine frühchristliche Kirche hinweisen. Klar datieren lässt sich die Weihe der Bischofskirche auf 805, sodass wir davon ausgehen können, dass Bischof Ulrich hier bereits auf sakralem „Untergrund“ wirkte. Historisch verbürgt ist, dass er Beschädigungen am Gebäude durch die Ungarneinfälle ab 923 beseitigen ließ. Da allerdings 994 der Westbau einstürzte, wurde die Domkirche danach neu gebaut und 1006 fertiggestellt. In der Gotik ab 1331 gab es weitere Ausbauten, beispielsweise den Ostchor und das Südportal von H. Parler. Den Bildersturm während der Reformation haben jedoch alle fünf romanischen Glasgemälde (1135) im südlichen Mittelschiff als Dokumente mittelalterlicher Kunst überlebt. Die Tafelbilder der Pfeileraltäre stammen u.a. von H. Holbein d. Ä. (15. Jahrhundert). Etliche wertvolle Glasfenster und Altäre in den Kapellen zeugen von der reichen Geschichte dieser Kirche. Sicher ist, dass der hl. Ulrich während seiner Bischofszeit die Johanniskirche erbaute, die wohl ursprünglich durch einen Gang mit dem Dom verbunden war. Neueste Forschungen haben ergeben, dass Freskenreste einer Johannesvita noch im Dachstuhl der Kathedrale zu erkennen sind.
Wir radeln nun am Hohen Weg um die Domapsis herum und biegen an der nächsten großen Kreuzung nach links in die Jesuitengasse. Von ihr geht es an der Alten Gasse nach rechts ab immer geradeaus. Die Straße wechselt ihren Namen in Lange Gasse und wird schließlich zur Wertachbruckertor-Straße. Das mit einer Madonna geschmückte Tor umfahren wir links und gelangen über die Kreuzung und die Senkelbachbrücke auf die Wertachstraße. Wir folgen ihr, überqueren die Wertachbrücke und biegen danach gleich rechts in die Äußere Uferstraße ein, die uns recht beschaulich gen Norden führt. An der Kreuzung zur Dieselstraße biegen wir nach links ab, nur um an der Hofer Straße wieder nach rechts zu radeln. An der Weiherstraße geht es ebenfalls nach rechts und diesmal aber gleich wieder links in die Schönbachstraße.Ihr folgen wir bis ans Ende, wo sie sich mit der Klärwerkstraße vereinigt. Am Kreisverkehr fahren wir es auf dem Radweg in die Donauwörther Straße, die uns später als Augsburger Straße über die Autobahn und in Gersthofen direkt zur alten Pfarrkirche St. Jakobus major (3) führt.
Auf den Resten eines römischen Merkurtempels wurde bereits im 8. Jahrhundert eine hölzerne Kirche erbaut – als Eigenkirche eines gewissen Gerfred. Daher hat sie wohl bei ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 969 dem Ort um sie herum als Gerfredshova den Namen gegeben. Vielleicht geht sogar das Jakobus-Patrozinium bis in diese Zeit zurück. Eine erste Steinkirche kennt man hier seit dem 12. Jahrhundert. Nach vielen Um- und Ausbauten wurde die Kirche 1854 komplett abgerissen und neuromanisch wieder errichtet, wobei besonders die Ausstattung über ein Jahrhundert lang sehr umstritten war. Erst 1939 bekam der Innenraum seine heutige Form, wurde 1966 an die Reformen des 2. Vatikanischen Konzils angepasst und 1984 um die Ulrichskapelle vorne links erweitert, die heute als Werktagskapelle dient. Die geschmackvolle Bemalung an den Wänden der gesamten Kirche stammt von dem renommierten Augsburger Georg Bernhard (*1929), der auch als Kunstprofessor der hiesigen Hochschule tätig war.
Wir fahren am Kreisverkehr in die Brucknerstraße, bis sie auf die Händelstraße stößt, halten uns da nach links und biegen bald rechts in die Silcherstraße. An deren Ende geht es wieder nach links bis zum Drosselweg, der uns an den Radweg entlang der B2 bringt, die wir bei nächster Gelegenheit, nämlich auf der Bahnhofstraße, überqueren. Nun können wir entspannt dem Radweg folgen, radeln zum ersten Mal über freies Feld und an einem Kreisverkehr geradeaus nach Hirblingen. Dort stoßen wir auf die Wertinger Straße, halten uns links und haben bald die anmutige Kirche St. Blasius zu unserer Rechten. Wir folgen dem Straßenverlauf und kommen auf dem Radweg außerhalb des Ortes über die Schmutter, von wo wir schon den zierlichen Kirchturm von St. Martin in Batzenhofen (4) sehen, unserem nächsten Ulrichsziel.
Bereits seit dem 8. Jahrhundert wird hier an den populären Heiligen erinnert – heute ist das Erscheinungsbild ein wunderbarer barocker Saalbau. Nur beim Turm und im Chor wird noch die mittelalterliche Baustruktur sichtbar. Auch die schönen Holzaltäre fallen sofort ins Auge, für uns aber spielt die lebensgroße Figur des hl. Ulrich links am zentralen Altar die Hauptrolle.
Nun geht es den kleinen Anstieg hinter der Kirche bergauf. Auf der Anhöhe fahren wir nach links in einen Anliegerweg, der uns über Felder geradewegs auf die Gailenbacher Straße bringt, wo wir uns weiter links halten und über den Bach sowie unter der Autobahn hindurch radeln. Wir biegen nach rechts ab und fahren auf einer schmalen Anliegerstraße immer am Waldrand entlang zum Schloss und Ort Hammel. Dort stoßen wir auf eine Landstraße und biegen nach links ab, bald aber wieder nach rechts in die Mühlbachstraße, der wir bis zu ihrer leichten Biegung nach links auch folgen. Hier halten wir uns jedoch rechts auf der Holzbachstraße und bald darauf links auf der Ottmarshauser Straße. Wieder machen wir die Straßenbiegung nicht mit, sondern bleiben jetzt geradeaus, wobei wir nur noch kurz Asphalt unter den Rädern haben. Bald nimmt uns ein Feldweg auf und wir können entspannt auf Hainhofen zu radeln. Dort erreichen wir wieder die Ottmarshauser Straße und folgen ihrem Verlauf. Über Dorfstraße und Kirchberg gelangen wir zur Kirche von Hainhofen (5).
Das Stephans-Patrozinium der im Kern romanischen Kirche deutet auf die Entstehung zur Zeit des Frankenreichs hin. Die ehemalige Chorturmkirche aus dem 14. Jahrhundert (heute die Sakristei der in Barock erweiterten Pfarrkirche) beherbergt gotische Fresken des von einem unbekannten Augsburger Meister geschaffenen „Hainhofer Passionszyklus“, der an der Ostwand mit den Bistumspatronen ergänzt wird – links die älteste Darstellung des heiligen Ulrich, die ihn mit dem Fisch zeigt.
Nun lassen wir uns den Kirchberg wieder hinunterrollen, biegen aber dabei nach rechts ab und gleich darauf noch einmal rechts, um auf die Hainhofer Straße zu kommen, in die wir nach links abzweigen. Sie führt uns über die Schmutter und an ihrer Seite nach Westheim, das wir geraden Wegs durchradeln. Die Straße Am Kobelgraben führt uns unter der Bahnlinie hindurch und dann weiter nach Steppach, wo wir auf die Kobelstraße stoßen und uns rechts halten. Sie führt bald als Rad-/Fußweg auf der linken Seite der Kirche St. Raphael vorbei. Wir bleiben weiter auf der geraden Strecke und kommen auf die Ulmer Straße, der wir nun nach links folgen. An der Kreuzung vor dem Gewerbegebiet biegen wir rechts in die Stadtberger Straße ein und radeln bald auf einem Rad-/Fußweg durch einen Tunnel unter der B300 hindurch. Noch einmal erreichen wir freies Feld, sehen aber nun schon die Türme Augsburgs vor uns. An einem allein stehenden Baum mit Bank und Feldkreuz biegen wir nach rechts und radeln nach Stadtbergen. Die Holderstraße mündet in eine große Kreuzung, wo wir uns links halten und der Ringstraße folgen. Im Zentrum von Stadtbergen stoßen wir auf die Bauernstraße, biegen links ab und folgen dann weiter der Beschilderung nach Leitershofen. Vorbei an der evangelischen Friedenskirche geht es nun lange Zeit geradeaus. Wir kommen am Rathaus denn auch auf die Leitershofener Straße und durchqueren auch diesen Stadtteil Augsburgs geradewegs. Erst wenn wir den Weiler Radegundis erreicht haben, müssen wir wieder abbiegen – und zwar auf den Rad-/Fußweg, der kurz vor dem Biergarten Wellenburg nach links führt. Er macht da eine Kurve und begleitet dann die prächtige Wellenburger Allee auf ihrer westlichen Seite. An deren Ende überquert eine Brücke die Wertach und führt in den Stadtteil Augsburg-Göggingen (6). Gleich links am Wertachufer finden wir die moderne Kirche „Zum heiligsten Erlöser“, die hier in unser nächstes Ulrichsziel bildet.
Der interessante und sehr stimmige Kirchenneubau von 1959-1961 hat mit seinem dreieckigen Grundriss und dem freistehenden Glockenturm bereits von außen einige Besonderheiten. An der Fassade fällt auch sofort ein Rundfenster auf. Von innen zeigt es eine bedeutsame Szene aus dem Leben des hl. Ulrich: In der von Dompropst Gerhard verfassten Vita wird nämlich berichtet, dass Ulrich hoch zu Ross die Hochwasser führende Wertach überquert habe, ohne nasse Füße zu bekommen, während sein den Hirtenstab tragender Kaplan trotz eines kräftigeren Pferdes vollkommen durchnässt am anderen Ufer ankam. Dieses sog. Wertachwunder hat mancher Tradition zufolge genau hier stattgefunden – das moderne Fenster erinnert daran.
Auf der Wellenburger Straße geht es nun weiter, und an ihrem nächsten Knick halten wir uns geradeaus und radeln in die Butzstraße bis zum Klausenberg. Auch hier geht es geradeaus weiter, doch folgen wir dem Straßenverlauf der Gögginger Straße immer in Richtung Zentrum, auch dann noch, wenn die Straße zu einer Brücke ansteigt, die über die Bahngleise führt. Gleich dahinter biegen wir rechts in die baumbestandene schmale Stettenstraße ein, die uns zum Theodor-Heuss-Platz bringt. Wir bleiben weiter geradeaus und wenden uns an der Kreuzung entlang des Radweges links, um mit den Fußgängern die Straße und die Tramgleise zu überqueren. Kurz geht es rechts neben den Tramgleisen entlang bis zur nächsten Ampel. Hier biegen wir links in den Kitzenmarkt und folgen der kurvenreichen verengten Straße, bis wir, am Wechsel zum Kopfsteinpflaster erkennbar, das Altstadtzentrum erreichen. Rechterhand ragt der mit 93 Metern höchste Turm Augsburgs, der Afraturm der Basilika St. Ulrich und Afra (7) empor.
Der charakteristische Kirchturm gehört zu dem Gotteshaus, das vielleicht die früheste christliche Kultstätte Augsburgs beherbergt, mit dem Grab der frühchristlichen Märtyrerin Afra, die bis zur Kanonisation Ulrichs alleinige Bistumsheilige war. Die ursprünglich spätrömische Basilika wurde nacheinander von einem vorromanischen und dann romanischen Bau ersetzt, in dem auch Bischof Ulrich nach seinem Tod 973 seine letzte Ruhe fand. Nicht einmal 50 Jahre später wurde das Kloster St. Ulrich und Afra hier gegründet, das bis zur Säkularisation Bestand hatte. Heute sehen wir hier einen spätgotischen Bau, der 1474 begonnen und ca. 1600 fertiggestellt wurde. Die Altäre und Kapellen im harmonischen Innenraum verdienen allesamt Beachtung, besonders interessiert uns aber natürlich der südliche Seitenaltar, der dem hl. Ulrich geweiht ist und der zwei Szenen aus seinem Leben zeigt: oben eine Messfeier, bei der eine segnende Hand Gottes erscheint, in der Predella den kranken Bischof, dem zwei Engel Kelch und Patene für die Messe bringen. Direkt darunter in der Krypta befindet sich die 1962 eingeweihte Gruft der beiden Heiligen Ulrich und gegenüber Afra.
Vom Ulrichsplatz als südlichem Ende der Maximiliansstraße geht es nun auf eigens für Radfahrende abgeflachtem Kopfsteinpflaster und mit Vorsicht auf Verkehr und Straßenbahnschienen (die Straßenbahn hat hier allerdings nur ihre Ausweichstrecke) weiter, vorbei am imposanten Herkulesbrunnen auf der Höhe des Schaezlerpalais‘, bis links das Apothekergässchen erscheint, in das wir einbiegen. An seinem Ende geht es nach rechts, und bald stehen wir auf dem Moritzplatz (Fußgängerzone!) mit der schmalen schlichten Fassade der Moritzkirche (8).
Auch wenn sie erst nach Ulrichs Tod erbaut wurde, zählt das mitten im Trubel der Innenstadt liegende Gotteshaus zu den ältesten Kirchen Augsburgs – und ist seit seiner Neugestaltung 2008 – 2013 ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich historische Bedeutung und moderne Spiritualität zusammenbringen lassen. Im Jahr 1019 als Kirche eines Kollegiatstiftes errichtet und im 14./15. Jahrhundert erweitert sowie in der Barockzeit entsprechend umgestaltet erfuhr die Moritzkirche immer wieder der Zeit entsprechende Modernisierungen. Nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg richtete man sie als den ursprünglich romanischen Bau wieder auf, modifizierte diesen nach der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils und brachte ihn rechtzeitig zur Jahrtausendfeier 2019 mit einem einmaligen Raum- und Lichtkonzept erneut und vorerst letztmals auf den aktuellen Stand, so dass heute die Augsburger Moritzkirche zu den gelungensten Beispielen moderner Sakralarchitektur in historischem Bestand gezählt werden darf. Ein beeindruckendes Zeichen für die neue spirituelle Ausrichtung ist der 1632/33 entstandene Christus Salvator von G. Petel, der den Eintretenden gleichsam aus der Apsis heraus willkommen heißt.
Von der Bronzetür der Moritzkirche aus folgen wir den Trambahngleisen, die nach links führen, und erreichen bald den Verkehrsknotenpunkt Königsplatz mit seinen Cafés und Ruheplätzen. Am Manzú Brunnen mit dem jugendlichen Mozart, der im Sommer immer von im Wasser spielenden Kindern umgeben ist, fahren wir vorbei und achten auf die zahlreichen Fußgänger. Wir durchqueren die Fläche in westlicher Richtung bis zum Ampelübergang. Jetzt schließt sich die verkehrsberuhigte Bahnhofstraße an, die uns zu unserem Ausgangspunkt zurückbringt.
Wir Autoren der Jubiläumsradtouren, Susanne und Walter Elsner, wünschen Ihnen eine gute Pilgerfahrt. Wenn Sie Rückfragen, Kritik oder Anregungen haben, schreiben Sie bitte in unser Kontaktformular auf unserer Homepage https://pilgerimpulse.jimdofree.com/. Dort finden Sie auch eine Vorschau auf die Ulrichsradtouren der nächsten Monate und können einen Pilgerausweis zum Ausdrucken herunterladen. Wünsche zu Vorträgen über die Ulrichspilgerwege oder das Pilgern allgemein nehmen wir für den jeweiligen Aktionsmonat gerne entgegen.