10. Januar 2024

Festakt im Goldenen Saal: Europa im Zeichen des heiligen Ulrich

Mit einem großen Festakt im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses hat am Donnerstagabend das Ulrichsjubiläum 2023/24 einen weiteren Höhepunkt des Tages erfahren. Im Beisein des Päpstlichen Sondergesandten Kardinal Christoph Schönborn und des Apostolischen Nuntius für Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, stand die europäische Dimension des heiligen Ulrich im Mittelpunkt.

Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber stellte zu Beginn des Festaktes heraus, dass elfhundert Jahre Bischof Ulrich „nicht nur ein klerikales Jubiläum“ darstelle: „Für die Stadt Augsburg ist der heilige Ulrich von großer Bedeutung wie nur wenige andere. Er ist unser Schutzpatron. Seine Hingabe an die Armen ist Leitmotiv und unsichtbare Richtschnur für vieles, was bis heute unsichtbarer Kitt für das Gefüge in unserer Stadt ist.“

Mit seiner Vorliebe für die Armen, stimmte Bischof Dr. Bertram Meier in seinem Grußwort zu, würde der heilige Ulrich die Menschen von heute sicher beeindrucken: „In seiner Lebensbeschreibung lesen wir, dass er sich nicht zu Tisch setzen wollte, ohne seine Kleriker anzuweisen, die Armen im Ort mit einer Mahlzeit zu stärken. Dabei versammelte der heilige Ulrich ausdrücklich ‚die Verstümmelten und Gebrechlichen, die auf Ruhebetten und Tragbahren lagen‘, um seinen eigenen Tisch. Ein Verhalten, das auch in unserer aufgeklärten und inklusiv denkenden Welt ein Alleinstellungsmerkmal wäre!“

Der Bischof formulierte daraus einen Appell „an unseren alten Kontinent Europa, damit er lebendig bleibt; einen Impuls für unsere Stadt Augsburg, die ein internationales, multireligiöses und ökumenisches Gesicht hat: Europa soll keine Festung sein, sondern ein offenes Haus. Im Hinblick auf Menschen, die nach Europa kommen, gilt es, Blauäugigkeit ebenso zu vermeiden wie die Wagenburgmentalität einer geschlossenen Gesellschaft, die sich abschottet und Mauern baut.“

Gerade in diesen unruhigen Zeiten des Krieges in der Ukraine und des Krieges im Heiligen Land lerne man den Frieden wieder als etwas nicht Selbstverständliches, sondern als etwas besonders Schützenwertes zu schätzen, so der Bischof. Der heilige Ulrich erinnere daran, dass es allein darauf ankomme, den guten Willen durch die Tat zu bezeugen. Bischof Bertram: „Schön Reden ist keine Alternative zum Handeln. Worte sind wichtig, doch was zählt, ist die Tat.“

Der Bayerische Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales, Eric Beißwenger, nannte Ulrich einen frühen Europäer: „Ihm ging es um Frieden zwischen den Völkern, damit ist Ulrich für mich ein Vordenker und Wegbereiter Europas. Wie gut, dass er in uns weiterlebt.“

Diejenigen, die heute in politischer und geistlicher Verantwortung stünden, sollten sich das der Ulrichsvita entnommene Jubiläumsmotto „Mit dem Ohr des Herzens“ zu eigen machen. Beißwenger: „Europa ist das größte und erfolgreichste Friedensprojekt der Menschheitsgeschichte. Die Europawahl wird über das Schicksal des Kontinents entscheiden. Mit dem Herzen hören, dass muss auch heute für die Politik gelten.“

„Ein Europa für die Menschen“, das war der Titel der Festansprache des Abends, die der Europa-Abgeordnete Manfred Weber hielt. Mit einem Augenzwinkern entschuldigte er sich eingangs, dass er im vorgehenden Gottesdienst das Ulrichslied noch nicht gut mitsingen habe können – schließlich stamme er aus dem Bistum Regensburg. Über die Ungarnschlacht von 955 allerdings habe er schon in der Schule erfahren und darüber auch den heiligen Ulrich als „Retter Europas“ kennengelernt. Weber: „Ein Bischof hatte früher eine ganz andere Rolle. Aber wie er sein Amt ausführte, dass kann eben auch heute für uns noch beispielgebend sein. Denn Europa steht auch heute wieder auf der Kippe.“ Ulrich könne in dieser Zeit ein Lehrmeister sein.

So sei für ihn nicht Machtgewinn entscheidend gewesen, sondern das, was man daraus mache: „Für Ulrich war nicht entscheidend, Bischof zu werden, sondern Bischof zu sein. Die Qualität von Verantwortungsträgern sieht man in ganz alltäglichen Entscheidungen – wie sie mit Menschen umgehen zum Beispiel.“ Und hier sei der heilige Ulrich ein Vorbild gewesen.

Außerdem: Nicht Ruhm sei für ihn entscheidend gewesen, sondern Verantwortung. Manfred Weber: „Es ging ihm nicht um Denkmäler, sondern er machte immer weiter.“ Das gelte auch heute: Europa sei ein Erfolgsmodell in den letzten 70 Jahren gewesen, aber diese Stabilität sei heute in Gefahr.

„Nicht mein Ich, sondern das Gemeinsame zählt“ – diese Haltung hob der Europapolitiker besonders hervor. „Sankt Ulrich hat nicht nur an sich und sein Bistum gedacht, sondern darüber hinaus geschaut. Europa heute ist mehr als die Summe nationaler Interessen. Nur wenn Europa zusammenhält und das große Ganze im Blickt hält, dient es seinen Menschen.“ Die Menschen müssten lernen, Europa als Schicksalsgemeinschaft zu sehen – so, wie es der heilige Ulrich getan habe. Weber: „Wir werden lernen müssen, in dieser Gemeinschaft zu denken.“

Manfred Weber erzählte, wie er oft kreuz und quer durch Europa fliegt und dann feststellt: Egal, in welchem Land – fast überall stehe eine Kirche: „Europa ist Vielfalt, aber eben auch Gemeinschaft. Wir werden ein christliches Europa nur erhalten, wenn wir Menschen haben, die sich bekennen. Das christliche Europa ist die Grundprägung unseres Kontinents – und wir sollten dieses Fundament erhalten – das wäre das, was Ulrich sich für heute wünschen würde.“

Am Ende des Festaktes, der von den Augsburger Domsingknaben und dem Bläserensemble der Dommusik unter Leitung von Domkapellmeister Stefan Steinemann gestaltet wurde, erklang vor der Europahymne auch hier das Ulrichslied – und Manfred Weber wirkte jetzt schon sehr viel textsicherer.

Grußwort von Bischof Dr. Bertram Meier beim Festakt im Goldenen Saal (30,3 kB)

Text/Fotos: pba
Video: katholisch1.tv

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